FMP/FREE MUSIC PRODUCTION - An Edition of Improvised Music 1989-2004

FMP CD 17

Günter Sommer

 

Ich weiß eigentlich nicht recht, wessen Idee es nun war. Meine jedoch nicht. Denn ich hatte gerade das fünfte Jahr ,,Quartier Latin Abstinenz" hinter mir, d. h. fünf Jahre gab es für mich kein ,,Total Music Meeting", denn kein anderer Anlass hatte mich je dorthin geführt. Welch seltsame Fügung; das letzte Konzert, welches ich dort spielte, endete mit einer Danksagung, die einer Grabrede glich, an die FMP und Jost Gebers. Denn es sollte das letzte Mal ,,Total Music Meeting" gewesen sein. Wir waren eine bunt gewürfelte Jamsession - artige Gruppe von Musikern, die diesen Abgesang zelebrierten. Die Rede wurde von Peter Brötzmann gehalten. Und nun nach fünf Jahren sitze ich an gleicher Stelle unter ähnlichen Bedingungen wieder auf meinem Schlagzeughocker. Der bunt gewürfelte Haufen von damals ist zwar zu einem Trio zusammengeschmolzen, denn plötzlich steht Barre Phillips am Bühnenrand und kommt mit der gleichen Unbefangenheit und Spiellust auf die Bühne, wie vor Zeiten Raphael Garrett, Dudu Pukwana oder Ulrich Gumpert es taten. Alles scheint wie damals zu sein.

Was war los? Was ist passiert in den vergangenen fünf Jahren? Brötz ist seine Wege gegangen, ich habe mich Dingen zugewendet, die häufig kritisch beäugt wurden, und die FMP hat ums Überleben gekämpft. Und doch gibt's einen Unterschied zum letzten Mal. Damals bestand eher die Notwendigkeit des Zusammenspielens. Heute ist es freiwilliger und gereifter; vielleicht weniger politisch, dafür musikalischer.

Brötzmann freut sich über die, aus der DDR mitgebrachten, nicaraguanischen Zigarren, ich freue mich über seine gute Laune, und schon donnern wir im Duo lost. Er ist auf der Bühne der alte Zweikämpfer; ich nehme die Herausforderung an. Mein Pulver ist nicht nass geworden in den fünf Jahren, wie manche glaubten.

Und dann, irgendwann ist Barre zwischen uns; mit der Aura eines Friedensrichters ist er zwischen uns. Es gibt keine Antrittsrede, es gibt keinen Abgesang. Es ist so, wie es immer war. Und doch ist es anders, denn schließlich sind wir um fünf Jahre Erfahrung reicher.

Diese fünf Jahre machen auch, dass mir das ,,Quartier Latin" wie eine Stätte der Vergangenheit vorkommt. Da tauschen die geringfügigen Korrekturen an seiner Fassade nicht hinweg. Vielleicht sind wir es selbst - wir alle von damals -, die dieses Museum betreuen, weil wir es liebten.

Wer die Idee zu dieser Begegnung hatte, hat nicht nur eine gute Platte bewirkt, sondern auch drei Musiker zusammengeführt, die Anspruch auf eine Art Ehrenanrecht oder Dauerkarte für dieses noch lebendige Musikmuseum ,,Quartier Latin" hatten.

Dem Initiator dieser Begegnung sei hiermit mein Dank übermittelt.


Ja, Günter, es war meine Idee - ich vermisste meine Joyas,
dachte an Dich und Sachsen und fand, wir sollten mal rausfinden,
was wir verlernt, was dazu gelernt haben.
Ich denke verlernt haben wir nichts, dazu gelernt einiges.
Also - was soll's!

Brötzm.

 

Hinter der Bühne sitzend,
hinter dem schwarzen Vorhang,
und Peter und Baby
gehen schon darauf zu,
comme d'habitude,
doch welche Freude,
es wieder aufs neue zu hören.
"Los, Barre, komm…"
"Na klar doch".

Barre Phillips

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