- Warum gehört dieses Trio zu den Besonderen?
Es ist nicht die eigenwillige Kombination von Stimme, Klavier und Posaune
und auch nicht (nur) das Zusammentreffen dreier Persönlichkeiten,
bestens vertraut mit ihren Klangerzeugern, es ist - wie immer das Wichtigste
-, das was sie tun: Sie praktizieren Musik ohne Vorbild. Musik, in der
die Dreiteilung des Klangs aufgehoben scheint, Musik, die sich nur mit
sich selbst vergleicht. Die Begriffe und Umschreibungen, die in Rezensionen
ihrer Auftritte dem Trio gleichsam nachgeschleudert werden, und manche
treffen auch (zu), kann der Hörer von "ORGANO PLENO" selbst
finden und die kargen Bezeichnungen Pars l-XV damit beleben.
- Wie entsteht so ein Trio?
In diesem Fall fand sich zuerst ein Duo: Annick Nozati und Fred Van Hove,
Dozenten eines Sommerworkshops in Cluny, Frankreich, 1984. Im November
desselben Jahres ein erster öffentlicher Auftritt im "Dunois"
in Paris. Zwei Jahre und viele Konzerte später, spielten auch mal
(1986) Mark Charig oder Phil Wachsmann als dritte Stimme mit. Doch immer
wieder Duo-Auftritte, bis anlässlich einer DDR-Tournee (September
1987), Johannes Bauer hinzu kam und dabei blieb es.
- Und, was macht die Arbeit, viel unterwegs?
Immer wieder schwierig, für diese "verstiegene" Musik Auftritts-Möglichkeiten
zu finden. Und doch war das Trio - gelegentlich erweitert als "Trio
plus z.B. Evan Parker, Paul Rutherford, Benoit Viredaz, André Goudbeek
..." - in den letzten Jahren auf den meisten Festivals für improvisierte
Musik. Eine Duo-LP bei "nato", Frankreich (Nr. 994), August
1986. Im September 1988 Trio- Aufnahmen für "Amiga", DDR
(Nr. 856411). (Anekdote [Fred Van Hove]: "Hannes hatte "Amiga"
angeboten, eine Produktion seiner Workshopband zu machen. Doch "Amiga"
hat mit der Zusage solange gewartet, bis es die Band gar nicht mehr gab,
so ergaben sich stattdessen die Trio-Aufnahmen.")
- und wie ...?
Fred Van Hove: "Wir proben nie. Wir kommen zusammen und auch nach
langer Zeit geht es von Anfang an wieder prima. Diese organische, manchmal
auch orgiastische Art Musik zu machen, liebe ich sehr. Bei keinem von
uns Dreien geht es um die Show oder das einzelne Solo, doch versuchen
wir jedes mal aus dem Nichts die beste Musik zu machen. Das verstehe ich
unter 'Improvisierter Musik'. Natürlich sind nicht nur die Emotionen
beteiligt, der Kopf, die Überlegungen sind dabei und egal ob man
da ab und zu mal stolpert, irgendwann im Verlauf des Spiels erreichen
wir es doch."
- Was, bitte?
Nun, das, was die ,lmprovisierte Musik', so wie sie Fred Van Hove ganz
einfach definiert, einmalig macht. Den nicht geplanten Moment, das Zusammenwirken
aller im Spiel enthaltenen Elemente, das also, weshalb man diese Musik
hört und hören will. Bauer/Nozati/Van Hove erreichen dies durch
ihre Spielhaltung, die erlaubt, auf die eigene Spontaneität zu vertrauen
und sich auf die Wechselwirkung mit den Mitspielern einzulassen. Die Sicherheit,
mit der dies geschieht hat ihren Hintergrund, wobei die unterschiedlichen
musikalischen wie persönlichen Lebensläufe Spannungsfelder und
Reibeflächen bieten.
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