FMP-RECORDS (FMP-Numbers) 1969 - 1991

FMP 0120

Dirk H. Fröse

 

Zwei treffen sich irgendwo. Der eine überfällt den anderen mit lautem Hallo und fängt gleich an, eine Geschichte zu erzählen. Der andere stellt Fragen, bestätigt hier und da das Gehörte, sagt "Na so was". Auf einmal kommt ihm, dem anderen, das Erzählte ganz bekannt vor. Er versucht, die Geschichte weiter zu erzählen, wie er sie zu kennen glaubt. Kurz darauf fällt ihm der eine wieder ins Wort, denn er hatte von einer ganz anderen Begebenheit gesprochen, und die will er noch loswerden. "Dann eben nicht" muffelt der andere und hält wieder den Mund. Tatsächlich nimmt die Geschichte des einen, einen völlig anderen Verlauf als die, die der andere meinte. Und als der merkt, dass die Pointe in einem grotesken Gegensatz zu seiner Geschichte steht, beginnt er zu lachen. So was steckt an, der andere lacht mit. Und als sie beide ganz fürchterlich gelacht haben - flüchtige Passanten fragen sich irritiert: Warum lachen die so? - sagt der andere tränenden Auges "Ach so war das", und der eine im selben Atemzug "Ja siehst du, so war das". Ehe sie das Thema wechseln, verschnaufen sie bloß ein bisschen.

In solcher Gesprächsform spielt sich die Musik von Günter Christmann und Detlef Schönenberg ab.

Die beiden haben ihre seit einem Jahr bestehende Duo-Formation nicht umsonst "We play" genannt. Sie wollen nicht nur sich, sondern auch andere unterhalten. Sie wollen Spaß machen und auch ihren Spaß dabei haben, und den ziehen sie, wenn alles gut geht, aus dem Dialog-Spiel.

Das Spiel-Risiko von "We play" ist dabei erheblich. Die mager wirkende Kombination von Posaune und Schlagzeug lässt kein Ausweichen auf füllige Klangeffekte, auf interessantes Durcheinander zu. Unter solchen Bedingungen gewinnt die Form an Bedeutung. Sie kommt hier nicht als festgelegter Spielablauf, als rhythmische, melodische, harmonische Verbindlichkeit vor. Christmann und Schönenberg bestehen auf musikalischer Handlungsfreiheit, auf der totalen Improvisation. Die Form, an der sie bauen, ist die des Zwiegesprächs.

Da sie nur zwei sind, hat dieses Gespräch oft persönlichen, intimen Charakter. Jeder ist auf die Äußerung des anderen angewiesen, ohne die er nur monologisieren könnte. Und wie in der gesprochenen Rede sind hier Andeutungen und erst recht Schweigen oft mehr als ein Redeschwall. - Mit dieser kleinsten aller Gruppen scheinen die zwei den Rahmen für ihre Musik gefunden zu haben.

zurück / back