Journal
Auf dem „Workshop Freie Musik“ (Free Music Production + Berliner Akademie der Künste) 1979, zu dem Jost Gebers endlich DDR-Musiker einladen konnte (ein eigener DDR-Workshop „Jazz Now“ folgte dann), drückt mir Ernst-Ludwig „Luten“ Petrowsky, as, ts, cl, fl, misc. reeds, ein Buch in die Hand. Er schlingert und improvisiert in umgangssprachlicher Syntax, mit den Obertönen seines abgestammten mecklenburgischen Missingsch: dies sei wohl gerne reine Theorie, aber es müsste Euch eigentlich auch interessieren:
Günter Mayer, Weltbild - Notenbild. Zur Dialektik des musikalischen Materials.
Reclam Leipzig 1978. 472 S.
Inhalt: Hegel und die Musik - Zum Personalstil Beethovens - Materialtheorie bei Eisler-Arnold Schönberg im Urteil Hanns Eislers - Zur musikalischen Integration des Dokumentarischen - Materialpraxis bei Dessau - Personenregister von Achilles, Adorno bis Kurt Weill, Peter Weiss, J. J. Winckelmann, Zarlino.
Für mich, in der BRD Lebender, ist dieser Workshop die erste Live-Begegnung mit DDR-Musikern, mit DDR-Jazzern, mit DDR-Free-Jazzern, mit der DDR-Jazz-Avantgarde, wenn man diesen militärisch-imperialistischen Ausdruck als Chiffre aus dem Kasten der bürgerlichen Ästhetik für eine anarchisch-künstlerische Innovation beibehalten will. Free Jazz war klar: FMP- und Amiga-Platten gab es, Erzählungen, Berichte, Kritiken verdeutlichten die Nähe zum amerikanischen, zum westeuropäischen Neuen Jazz. Dass auch Schönberg, Eisler, Weill, Dessau, Folklore und proletarisches Erbe, Konkretes und Serielles, 12- und A-tonales sowie Periodisches ging, hatten auch Breuker, Brötzmann, Bley, die Londoner, die Holländer, die Kölner, die Wuppertaler, Niebergall, Mangelsdorff, Schoof, Schlippenbach und die Japaner erläutert. Das Theoretische kam vom Nachdenken, seit 1968 auch vom (der Musik sekundären) politischen Agitieren. Die Musik kam von den Musikern. Sprachlich gesehen, ist die Musik eine Tautologie, sie meint sich selbst. Die Sprache kann das dann erläutern, sie kommt mit der Musik nie zur Deckung. Unter dieser nicht begriffenen Differenz leidet besonders die amerikanische und besonders die deutsche Jazzkritik bis heute.
Das westliche '68 war für den Osten das Jahr 1949, das Gründungsjahr der Deutschen Demokratischen Republik. Dies erhellt aus dem westlichen Volksmund von 1968, des Inhalts: „Geht doch gleich nach drüben.“
Von „drüben“ adressiert Günter Mayer in seinem Vorwort S. 7:
Dogma I
„Die in den letzten Jahren und in jüngster Zeit zunehmenden Diskussionen über das Verhältnis zwischen Politik und Musik, zwischen politischem Engagement und musikalischer Qualität, zwischen politischem und musikalischem Fortschritt kommen immer wieder auf die hier untersuchten Grundfragen. Die in diesem Bezugsrahmen zu lösenden Probleme stehen mit der Herausbildung einer qualitativ neuartigen Musikkultur in den sozialistischen Ländern entsprechend den jeweiligen konkret-historischen Bedingungen immer wieder neu auf der Tagesordnung. Die Aktualität der Materialproblematik ist zudem deutlich ablesbar in den Prozessen der Meinungsbildung unter den sich politisierenden Musikern innerhalb der Praxis der antiimperialistischen demokratischen und sozialistischen Kräfte....
Zwischenrufe „Pflasterstrand“ Frankfurt/M.:
Jawoll, Kräfte. Ohne Power lauft nix. Hans
Es gibt viel zu tun. Lassen wir's sein. Lutz
Es gibt nichts zu tun. Packen wir's an. Heipe
….Kräfte besonders in den westeuropäischen kapitalistischen Ländern. Und diese Aktualität zeigt sich ebenso in den durch diese Politisierung angeregten und darauf reagierenden skeptischen Reflexionen der Vertreter bürgerlicher Auffassungen in den kapitalistischen Ländern -
BREATH OF BROTHERHOOD
- und nicht nur dort.“
Dogma II oder Antispruch
Halten wir uns an die Standards westlicher Jazzgeschichtsschreibung, kann man die Entwicklung dieser improvisierten schwarz-weißen Musik nach Bebop, Cool, Hardbop und den ersten Höhepunkten des Free Jazz um die Mitte der sechziger Jahre in den USA auch für den Ostblock im allgemeinen, die CSSR, die Volksrepublik Polen, Jugoslawien oder die DDR im besonderen dingfest machen. Wir nehmen vorübergehend an, dass politisch-ideologische Grenzziehung musikästhetische Variable innerhalb der Weltmusik „Jazz“, besonders „Free Jazz“, provozieren. Kurz: der moderne Free- und Nach-Free-Jazz hat sich - wie in der Bundesrepublik und in Westeuropa - auch in der DDR von der amerikanischen Vorherrschaft emanzipiert.
Spruch III oder Antidogma
Es swingt.
Big Band aktuell. R(undfunk)T(anz)O(rchester) Berlin unter Leitung von Günter Gollasch. Rundfunk der DDR. Amiga Jazz - 855 568 - VEB Deutsche Schallplatten Berlin DDR. Takes aus 1971 bis 1976. Kompositionen und Arrangements: Jerzy Milian.
Basie-Manier – Blues-Rock – Medium-Bounce - Ballade. Den traditionellen Bezirk verlässt vorübergehend schon mal Luten Petrowsky in Richtung Freiheit, wo immer das ist.
Spruchdogma IV - amtlich
Aus: DDR Handbuch. Wissenschaftliche Leitung: Peter Christian Ludz u. Mitw. v. Johannes Kappe. Hggb. v. Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1975, S. 439:
JAZZ
„ln der DDR unterscheidet man in der Entwicklung des J. drei wesentliche Strömungen: eine „volkstümlich-demokratische“, die die Anfangsphase der J.-Entwicklung kennzeichnet und bis heute wirksam geblieben ist, die Strömungen des „kommerzialisierten J.“, und diejenigen des „snobistischen J.“, dessen Aufkommen vor allem nach dem II. Weltkrieg angesetzt wird. Nach anfänglicher Ablehnung des J. und zwischenzeitlichen Verboten (u.a. Verbot von J.-Sendungen im Rundfunk) haben heute dessen „progressive, volkstümlich-demokratische“ Strömungen im Rahmen der vielfältigen Musikpflege in der DDR….einen gleichberechtigten Platz neben den anderen Formen und Stilen der Weltmusikkultur.“ Die Abwehr von Einflüssen der „bürgerlichen Dekadenz“ auf die Kunst und Lebensauffassung der SED führte schon 1958 mit der AO über die Programmgestaltung bei Unterhaltungs- und Tanzmusik zu weitgehendem Verbot westlicher Tanzmusik. (Ein entsprechendes Verbot der Wiedergabe westlicher Tanz- und Unterhaltungsmusik wurde 1973, nach dem Aufkommen einer Vielzahl von Diskotheken während der vorausgegangenen zwei Jahre, mit der Anordnung über Diskothekenveranstaltungen - Diskothekenordnung ([GBI. I, Nr. 4, S. 38 f.] erlassen). Diese Maßnahmen wirkten sich auch auf den J. aus, mit dem man die Gefahr der Übertragung „amerikanischer Lebensweise“ aufkommen sah, und dessen Einflüsse deshalb im Hinblick auf die Entwicklung einer eigenen kulturellen Massenarbeit, besonders der Volksmusik, als negativ angesehen wurden.
Nach 1961 traten wieder Lockerungen ein. 1965 wurde die heute noch bestehende Konzertreihe „Jazz in der Kammer“ begonnen. Diese vom Deutschen Theater Berlin getragenen Veranstaltungen, die im Abstand von 6 Wochen stattfinden, sollen vor allem von unmittelbarem westlichen Einfluss freie zeitgenössische moderne Strömungen des J. vorstellen. In Anlehnung an diese Reihe und in Zusammenarbeit mit den Veranstaltern der Berliner J.-Abende wurde 1973 vom Volkstheater Rostock die Reihe „Jazz-Szene“ begonnen. Auch hier werden in- und ausländische Gruppen, vorwiegend aus den sozialistischen Nachbarstaaten, vorgestellt.
Ungeachtet mancher Restriktionen, um direkte Einflüsse westlicher J.-Musik abzuwehren, sind in einigen sozialistischen Staaten (vor allem in Polen, der CSSR und in der DDR) in der Entwicklung des J. ähnliche Erscheinungen erkennbar wie in den nichtsozialistischen Ländern. Auch dort wird teilweise eine Synthese zwischen J. und zeitgenössischer europäischer Avantgarde angestrebt, wobei es sich bei den Komponisten und Interpreten sowohl um J.-Musiker als auch um Komponisten und Kompositionsstudenten der sogenannten ernsten Musik handelt. Osteuropäisches Forum für den zeitgenössischen J. (free jazz) sind in erster Linie das J.-Festival in Warschau („Jazz Jamboree“) sowie das Prager J.-Festival. Seit 1971 findet in Dresden jährlich das Dixieland-Festival statt, an dem Gruppen aus verschiedenen Ländern teiInehmen.
Zu den führenden J.-Musikern bzw. J.-Gruppen der DDR gehören: der Posaunist Konrad Bauer.
SUPPL. '80: + Bruder Johannes Bauer, tb - WL
...das Friedhelm-Schönfeld-Trio, die Gollasch Big Band, die Gruppe Praxis II, die Gruppe SOK, die Gruppe Synopsis und die Old Memory Jazz Band.“
Gekloppte Sprüche oder Alternativ-Dogmata V folgende - nicht amtlich
Der Positivist am Stammtisch:
Was stimmt, stimmt.
Der Hegelianer am Stammtisch:
Stimmt's oder hab' ich recht oder sind die Tatsachen schlimm?
Baby Sommer am Schlagzeug:
Hombre! Komm raus!
Alex in der Pressekonferenz:
Scheiße!
Grace Bumbry in einem Gospel-Chor:
Haaah "'hahahahahaaaahmmmm / mmm / mm / mhhaaaahahahaha"' haaaH
Der skeptische Utopiker am Stammtisch:
Was nich is, kann noch werden.
Ein deutscher Jazzkritiker:
Was ist, kam durch Mich über Euch, spricht der Herr Zabidoo.
Koinzidenzen
Satz 1:
Celeste. Trio Pilz-Niebergall-Schmitt. Trion 3901, 1978. Das Instrumental-Trio aus Kontrabass, Bassklarinette, die oft zu den Reeds, also zu den Saxophonen gruppiert wird, Schlagzeug baut eine räumliche freie Kontrapunktik mit Motivverkettungen und Soundverdichtungen so auf, dass die Summe aller spontaner Aktion und Reaktion eine Art Klassik der Freien Musik ergibt, deren Paradox die statische Bewegung ist.
Satz 2:
Wandertag in Freiberg. Aus: Ernst-Ludwig Petrowsky, Amiga Jazz 8 55 621. Petrowsky, ts, as; Klaus Koch, b; Günter „Baby“ Sommer, dr, perc. Aufg. 1976.
In ähnlicher Besetzung zieht die Gruppe durch voneinander unabhängige Lineamente eine ähnliche Klangarchitektur hoch, deren „symphonische“, akkordische Effekte nicht konstruiert sind. Die Totale der Ereignisse ist dynamischer. Dass beider Musiken deshalb ähnlich und verschieden seien, weil das mit der Dichotomie der gesellschaftlichen Systeme zu tun habe, ist vorerst ein vulgärmarxistischer, also Denk- und Erlebnisfehler. Beide Musiken aber sind offene/geschlossene Systeme, die Quadratur.
Conclusio:
Jean-Paul Sartre, Marxismus und Existentialismus, Rowohlt 1979 (frz. 1960), S. 82:
„Man wird nie das Auftreten systematischer Prozesse wie den des Kapitals oder des Kolonialismus begreifen, wenn man die Resultate der gegensätzlichen Kräfte als Mittelwert betrachtet. Was es zu verstehen gilt, ist der Tatbestand, dass die Individuen nicht wie Moleküle aneinander stoßen, sondern dass ein jeder auf der Grundlage gegebener Bedingungen und divergierender oder direkt entgegen gesetzter Interessen den Entwurf des anderen versteht und überschreitet. Allein auf Grund dieses Überschreitens und des erneuten Überschreitens dieser Überschreitungen kann sich ein gesellschaftliches Objekt bilden, das mit einem Schlage eine sinnhafte und sachhaltige Realität und damit etwas ist, in dem niemand eine Spur von sich zu erkennen vermag, kurz: ein menschliches Werk ohne Urheber.“
Mystifizierende Erkenntnis:
Dass sowas geht, ist ein Wunder. Tante Herta.
Sokratische Frage:
Warum kommen sich die Modelle von Freier Musik und des dialektischen Materialismus in seinen politischen Ausdrucksformen von Sozialismus und Anarchie oft so berauschend nahe, o Alkibiades?
Wie auch nicht, o Sokrates?
Gedicht:
am horizont verwittern die grenzen
dem andenken
rudi dutschkes
und schon angekommen?
kaum
mit den haargespaltenen lippen
die wahrheit gebleckt
am ufer des sessels
springe ich ständig ab
von meiner geburt
geh watt
wandern
am meer
mit den vergessenen sandbänken
und dem wurmscheiß
auf den oberen flächen
der flut
kein bohrender blick
gegen sie
kein fuß
keine hand
kein böses wort
kein gutes
nichts
rollt ungefähr
alle sechs stunden
an land
der mond
hat ein auge drauf
und wenn der ganze kessel
das nicht mehr hält?
das gebell der stadtköter
an den jahren
die fiebernägel
in die nacht
geschlagen
gehänkt
getrocknet
der kopf
über dem allgemeinen genick
"ja doch!
für eine grenzenlose welt!"
anonym der gruß
von der grenze
cssr / ddr
reversibel auf deutsch
ddr / cssr
reversibel auf ewig
oder
usa / canada
island / grönland
brd / dänemark
finnland / nordpol
frankreich / bretagne
parterre / erster stock
redaktion / u-bahn-schacht
konzertsaal / platanenallee
platanenallee / girobank
die insel
das meer und das schiff und der wald
und das haus und die hände von herz zu herz
aus den köpfen geschnitten
abgehackt bei strafe
nach dem propheten
denn die gegebenen hände und worte
mein freund
sind der diebstahl
am eigentum
das sei unser
und noch nicht abgefahren
überhaupt?
frei
weg
von der leber
in die traufe
das geknatter
der dämmerung
in die augen
fällt
faluntief
zitternd
das licht
gebrochen
deutsch
und schwemmt
die erkenntnis auf
unübersehbar das meer
der berg
im sandkopf
am horizont
verwittern die grenzen
geht noch ein anderer tod
unter
die menschen
die haut?
klein
fing ich
an zu leben
mit händen und
füßen durch dörfer
und städte und immer vor
bei an der standhaften weit zu
erst noch das kreuz im rücken dann
das herz in der brust und den
wind um die ohren und
konnte nicht hören
am horizont ver
wittern die
gren
zen
Journal
Herbst 1977. Mit Dr. Carl Corino verabrede ich für den Hessischen Rundfunk ein Feature über DDR-Jazz — oobliadooh ist überall - wird es dann heißen. Ich werde nach Berlin/DDR fahren. Ich fahre in diese Richtung. Vorher baue ich einen alkoholischen Rückfall. Seit über zwei Jahren trocken. Voll wie tausend Amerikaner denke ich, wie üblich mit euphoreszierendem Gehirn, ich pack das. Ich fliege nach Berlin (West). Ich tauche im FMP-Laden in der Behaimstraße auf. Nachdem ich Jost beruhigt habe - und mir selbst nicht glaube, trinke ich seinen Sherry. Die Freunde warten schon in der Christburger Straße in Berlin/DDR. Mit dabei: Franz Koglmann, tp, flh, aus Österreich. Das erfahre ich aber erst zwei Jahre später. Ich starte. Es wird eine Kneipentournee Richtung Bornholmer Str. Dort, auf westlicher Seite, irgendwo, irgendwann, vermutlich angesichts der Grenze, Blackout. Das Gespräch findet nicht statt. Nach Beendigung dieser vorübergehenden Krankheit und nach genossener Gastfreundschaft von Wulf Teichmann, nach Josts Starthilfe zurück nach Frankfurt mit neuem Ausweis (den hatte King Alcohol - vgl. auch FMP 0060, Rüdiger Carl Inc. - konfisziert), zahlte ich noch die Rechnung an das West-Berliner Ordnungsamt wegen polizeistationärer Bemühungen (Ausnüchterungszelle). Nächstes Jahr, zur Zeit der Klarheit, war ich dann in Berlin/DDR, einen Gesprächsnachmittag lang.
Dialog über Toleranz |
A |
Ist der Jazz die Insel? Ist der Free Jazz die Hohlkugel, in der wir leben? |
B |
Was du erzählst! Das Salz unseres Lebens! Individuell und gesellschaftlich. |
A |
Das war nicht immer so. Improvisierte Freiheit und spontane Gestaltung ist der sozialistischen Plan- und Fernstenliebe oft gegenläufig. |
B |
Komm! Erziehung des Menschengeschlechts… wohin? Tu das deine, hier, jetzt, sofort – und dann sehen wir weiter. |
A |
Cluster, das kollektive Gefiepe….was versteht der Arbeiter… |
B |
….typisch westlich. Die Alternative besteht bei uns nicht. Wir riskieren es von vornherein, die kollektive Arbeitskraft im gesellschaftlichen Produktiv- und Distributionsbereich auf die Taten des schöpferischen Individuums prallen zu lassen. Und umgekehrt. Dialektik ist kein Schulbuchfach. Dialektik ist das Leben. |
A |
Vorrangig ist das gesellschaftliche Ziel. Die freie Gesellschaft als Gesellschaft der Freien - vorher noch die gesetzmäßige Diktatur des Pro... |
B |
...'n bisschen glaub' ich ja auch an Gesetze und historische Prozesse. Aber in der Kunst ist das'n bisschen anders. Die westliche Dialektik übrigens ist lediglich ein Konkurrenz-Dualismus. Das Kapital verursacht viel mehr Planung als die humanistische Idee des Kommunismus. Aber beides wird repressiv, wenn sie den konkreten Menschen vergessen. Wir, wir spielen den Blues, unseren freien instrumentalen Ausdruck. Es ist kein Ventil. Es ist Gestaltung und geht aufs Ganze. |
A |
Und die offizielle Kulturpolitik? Das Erbe? Der natürliche und der anerzogene Geschmack der Leute? Die sind ja oft noch nicht als Sozialisten geboren. Und es steht noch aus, ob es eine sozialistische Musik überhaupt gibt, geben kann. |
B |
Junge, mach's mal bisschen cooler. Mein Leben dauert nur einen Menschen lang. Und da puste ich raus, was ich für mich und die anderen kann. Der Jazz hat diese Power: er ist, weil er mit Phantasie zu tun hat, kämpferisch. Und das gilt, voll und ganz hier, hier, für unsere Szene. |
A |
Nicht isoliert? |
B |
Seid umschlungen, Millionen, natürlich nicht isoliert. Ostberlin, internationale Workshops, die sozialistischen Bruderländer, Radio, Freunde aus West und everywhere, das allgemeine Material eines musikalischen Spiegels. Der reflektiert die politischen Realitäten und Notwendigkeiten zur besseren Zukunft hin. |
A |
Das ist ja Utopie. |
B |
Ja, das ist Utopie. Wir zeichnen sie mit unseren Instrumenten in den Wind. Alle zusammen. |
|