1979 WFM / Akademie der Künste

Wolfgang Burde (1979)

Entsprechungen im Bild

Bilder von Jazzmusikern in der Akademie der Künste

Dass zum Jazz auch eine reich gegliederte optische Dimension gehört, ist für jeden Jazzfan selbstverständlich. Dass Jazzer aber auch in der Tat Neigung und Vermögen haben, mit bildnerischen Mitteln ihre Gedanken auszudrücken und nicht nur mit musikalischen, demonstriert eine Ausstellung in der Akademie der Künste mit Arbeiten von Brötzmann, Bennink und Mengelberg, die aus Anlass des Workshop Freie Musik ’79 veranstaltet wurde.

Bennink zeigt sich auch in seinen Collagen – Zeichnungen von Vögeln, vom Meer mit aufgeklebten Requisiten: Federn oder Ausrissen aus Landkarten – als listiger, stets fintenreicher Individualist. Andere Objekte, etwa schellende Metronome, eine Havanna in der Mausefalle, haben in seinen naiv-verspielten Schlagzeugattitüden durchaus eine Entsprechung. Misha Mengelbergs Filme, darin durchaus seinem Klavierspiel ähnlich, sind auf eine tiefsinnige Weise trickreich. Und Peter Brötzmann stellt seine großformatigen Selbstbildnisse aus, mit schwerem westfälischem Pinsel und kräftigen dunklen Farben hingesetzt, zeigt „Meerstücke“ und bearbeitete schwarze Leinwände. Jede Arbeit, so scheint es, gleicherweise von Nachdenklichkeit und Kraft heimgesucht.

In einem zweiten Raum finden sich einige der Jazzfotografien, die der unermüdliche Werner Bethsold und seine nicht weniger fleißige Kollegin Dagmar Gebers in den letzten Jahren mit Glück für die freie Musikszene „formulieren“ konnten. Während Dagmar Gebers vor allem mit Action-Fotos überzeugt, mit Fotoserien, die Jazz-Abläufe zeigen, gelingen Bethsold Individualstudien der Musiker selbst. Das Atmosphärische der Szene, Tristesse und Impulsivität des Jazz, wird mit sehr viel Feeling gesehen.

Brötzmann, Mengelberg und Bennink spielten an diesem eher ausgelassenen Eröffnungsabend Jazz mit neodadaistischer Grimasse und nahmen sich im Verlauf der ausgedehnten musikalischen Exkursionen alle Freiheiten, die wir an diesem einzigartigen Medium schätzen gelernt haben. Ein angenehm familiärer, angenehm unausgewogener Abend, der auf zukünftige große Jazz-Ereignisse - von heute bis zum 4. März in der Akademie - hinwies und neugierig machte.

aus: Der Tagesspiegel/Berlin, 26. Februar 1979

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